Vilas, Tiriac & Nastase

Im Mai 2021 erschien auf Youtube in spanischer Sprache eine vierteilige Dokumentation zu Ehren des leidenschaftlichen Argentiniers Guillermo Vilas – hier der erste Teil:


Vilas, der von seinen Freunden Willy gerufen wird (eine Verniedlichungsform seines Vornamens Guillermo), gilt als Urvater des Tweeners, dem Schlag durch die Beine. „Die Idee kam mir, als ich den argentinischen Polospieler Juan Carlos Harriott in einer Werbung sah. Er spielte den Ball zwischen den Beinen des Pferdes mit seinem Poloschläger. Das sah fantastisch aus. Ich habe dies dann in mein Spiel integriert“, berichtete er. 1974 zelebrierte er diesen besonderen Schlag, der in „Gran Willy“ getauft wurde, das erste Mal bei einem Schaukampf in Buenos Aires. (C. A. Barschel (2021): Der Poet: Guillermo Vilas im Porträt, tennis Magazin)

Tweener 1

(Quelle: Netflix-Doku Guillermo Vilas – Settling the Score)

Tweener 2

(Quelle: TyC Sports)

Und er war gemeinsam mit Björn Borg ein Pionier des Topspin.

Vilas Rückhand

(Quelle: tennis Magazin)


Die erste Begegnung hatten die beiden im November 1973 im Finale von Buenos Aires.

Borg vs Vilas Buenos Aires

Vilas gewann unglücklich, weil Borg sich im vierten Satz beim Stand von 6:6 am Rücken verletzte und aufgeben musste.

Borg verletzt

(Quelle der zwei Fotos: Youtube, El Gran Willy)

Borg erinnert sich (englisch und spanische Kommentatoren):


1975 trafen die beiden bei den French Open erneut im Finale aufeinander; Borg hatte im Jahr davor den Titel geholt.
Hier Borg und Vilas über ihre Beziehung (englisch und spanisch):


Borg-Vilas

Vilas:
Als ich da ankam, war ich sehr nervös, weil ich ihn schon mal geschlagen und den Masters Cup gewonnen hatte. Ich wusste also, ich konnte gewinnen, doch ich war auch kein großer Spieler.

Borg:
We know our weakest shots or the strongest shots. We knew each other's games really well, so it was almost to play, like, chess when we went out to the court, me and Guillermo.


Borg - Vilas 1

Vilas:
Borg und ich waren enge Freunde. Wir reisten zusammen. Irgendwann traf ich ihn, als wir im Hotel ankamen, und er sagte: "Hör mal. Dein Drive ist Mist, und meine Rückhand genauso." Also teilten wir unsere Techniken.


Borg-Vilas 2

Borg:
We were very good friends. He was South American. I was Swedish. But it clicked, you know. The mentality clicked very well between us. I remember that every evening we went to the food store and bought a lot of yogurts, because he liked yogurts and I liked yogurts. So we bought like 20 yogurts and we were eating, watching television.

Borg-Vilas 4


Borg-Vilas 5

Vilas:
Wir spielten zusammen Doppel.
Wir wetteten darum, wer die meisten gegnerischen Schläger zum Reißen brächte. Wir zielten auf die Brust.
Damals verstand niemand den Topspin.


Borg - Vilas 3

Borg:
And we were practicing a lot together, and we spent a lot of time together. That was a problem we had, with doing the same kind of things, me and Guillermo, but we were working on other things to improve our game. I mean, he was working on probably the same thing as I needed to work on.


Borg - Vilas 2

Borg:
It was an important match for me to beat Guillermo because I think during that time we become two of the best clay court players in the world.

(Quelle: Netflix-Doku Guillermo Vilas – Settling the Score)

Borg gewann 1975 klar in drei Sätzen. Drei Jahre später trafen die beiden wieder im Finale von Roland Garros aufeinander und wieder gewann Borg klar in drei Sätzen. Hier ein Ballwechsel aus dem French Open Finale von 1978:


Björn Borg war zwar der dominante Spieler mit 17:5 Matches, aber die letzte Begegnung im Jahr 1980 gewann Vilas.


Manche/r wird Guillermo Vilas auch am Rothenbaum gesehen haben, als er 1978 in drei Sätzen gegen den Polen Wojciech (Wojtek) Fibak gewann.

Dieses Rothenbaum-Turnier war gleichzeitig Ort eines Matches von Spieler und Trainer: Guillermo Vilas spielte in der zweiten Runde gegen seinen Trainer Ion Tiriac und gewann in drei Sätzen 6:4, 4:6, 6:4.

Tiriac ist uns Deutschen als Manager von Boris Becker bekannt. Der Mann ist allerdings aus anderen Gründen noch interessanter. Tiriac war ursprünglich Eishockey-Spieler und trat 1964 mit dem Team für Rumänien bei den Olympischen Spielen an. Nebenbei spielte er auch Tennis, entschied sich dann für den Tennissport und war sowohl im Einzel als auch im Doppel sehr erfolgreich.

Ion Tiriac

(Quelle: spox.com)

Tiriac: Ich musste von Anfang an akzeptieren, dass ich nicht mit einem so großen Talent gesegnet war wie ein Nastase oder ein Borg. Ich musste viel härter arbeiten und viel mehr trainieren als diese Jungs. Wenn Nastase am Tag eineinhalb Stunden auf dem Platz stand, stand ich sechs Stunden auf dem Platz. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich erreicht habe. Nicht nur im Doppel. 1968 und 1969 stand ich auch im Einzel in den Top 10. Ich erinnere mich noch gut an die French Open 1968, dort führte ich im Viertelfinale mit 2:0-Sätzen gegen den großen Rod Laver. Ein Jahr später sollte Laver zum zweiten Mal den Grand Slam gewinnen und ich hatte ihn am Rande der Niederlage. Leider habe ich es nicht ganz gepackt, genauso wie wir es zwar dreimal ins Davis-Cup-Finale schafften 1969, 1971 und 1972, aber jedes Mal den ganz großen Coup verpassten. Und jedes Mal gegen die USA. Besonders das Finale 1972 war bitter, da spielten wir zuhause in Bukarest, Nastase war ganz oben angekommen, aber wir verloren knapp mit 2:3 gegen Stan Smith und Co. Dennoch kann ich mich insgesamt nicht beklagen.

(Quelle: spox.com)

Eine Liste seiner Turniersiege und Final-Teilnahmen mit Ilie Nastase findet sich hier.

Die Wikipedia-Webseite ordnet Nastase 8 Turnier-Siege auf unterschiedlichen Belägen in 1971, 12 Siege in 1972 und 16 Siege in 1973 zu - dies war sein erfolgreichstes Jahr. Seinen letzten Turniersieg im Einzel hatte er 1978 und im Doppel 1985. Nastase war mit Einführung der Computer-Weltrangliste die erste Nummer 1 der Tennis-Welt - 40 Wochen lang konnte er diese Position halten. Es folgte für acht Wochen John Newcombe bevor dann Jimmy Connors für 160 Wochen der Platzhirsch war. Connors wurde exakt vier Jahre nach Einführung des Computer-Rankings von Björn Borg abgelöst und der von John McEnroe.

Vilas ging leer aus, was angesichts einer im Februar 2011 veröffentlichten Studie nicht sein kann (pdf-Version). Mit einer umfassenden und erstmals auf das Tennis-Ranking angewandten Netzwerk-Analyse kommt der Autor Filippo Radicchi für die einzelnen Jahre seit Beginn der sogenannten Open Era zu folgendem Ergebnis - Vilas ist dabei im Jahr 1977 der beste Spieler:

1968-2010 Top One


Der Autor kommt für den genannten Untersuchungszeitraum mit der verwendeten Methode zu dem Ergebnis "Jimmy Connors was identified as the best player in the history of tennis according to our ranking procedure." Die spannende Frage ist, zu welchem Ergebnis er heute (zehn Jahre später) kommen würde?

Als die besten Spieler ihrer Dekade nennt er:

Jimmy Connors (1971–1980)

Ivan Lendl (1981–1990)

Pete Sampras (1991–2000)

Roger Federer (2001–2010)

"Prestige score identifies Guillermo Vilas as the best player ever in clay tournaments, while on grass and hard surfaces the best players ever are Jimmy Connors and Andre Agassi ..." (eigene Hervorhebung)

Diese Aussage ist zusätzlich bemerkenswert, weil Vilas in der letzten Dekade des Untersuchungszeitraums hinsichtlich der längsten Siegesserie auf Sand von Nadal überholt wurde:

Siegesserie Sand

(Quelle: Wikipedia)

Diejenigen Leser/innen, die bereits in den 70ern Tennis im Fernseher anschauten, wird die Statistik nicht überraschen, denn sie wissen, dass Vilas über Jahrzehnte als der größte Sandplatz-Spieler galt - bis ihn Nadal ablöste.

Vilas & Nadal

(Quelle: Vilas Tennis Academy)

Nadal erinnert sich:

Übersetzung: Ich weiß noch, als ich sehr jung war, sagte er zu mir: Jeder weiß, wie man zur Seite läuft, aber vorwärts und rückwärts ist es viel komplizierter, also musst du die Spieler aus ihrer Komfortzone locken.

(Quelle: Netflix-Doku Guillermo Vilas – Settling the Score)


Die Tabelle Siegesserien auf Sand zeigt Ilie Nastase als den ersten großen Sandplatzspieler mit einer Siegesserie von 25 Spielen im April/Mai 1973 und gleich darauf mit 38 Siegen im Zeitraum von Mai bis Oktober 1973. So wurde Nastase am Jahresende als die erste Nummer 1 des neu eingeführten ATP-Rankings aufgeführt.

Zusätzlich hat Nastase 16 Einzel-Titel in 1973 errungen - plus 10 Titel im Doppel (dabei siegte er mit dem Amerikaner Clark Graebner am 5. März deutlich mit 6:2, 6:1 gegen seinen langjährigen Doppelpartner Tiriac, der Connors an seiner Seite hatte !).

Die drei Jahre davor hatte er viel mit Tiriac an seiner Seite gespielt und dabei 10 Siege erspielt und sechsmal im Finale gestanden - darunter befindet sich ein French Open Titel des Jahres 1970 gegen Arthur Ashe und Charlie Pasarell. Außerdem hatte Nastase von 1966-1972 stets gemeinsam mit Tiriac für Rumänien das Doppel im Davis Cup gespielt - ebenso in den Jahren 1974, 1975 und 1977. Da Tiriac auch Einzel spielte, kam es auch zu Begegnungen gegen Nastase: 1968 und 1971 siegte Tiriac in Rom und Madrid, 1972 siegte Nastase in Omaha auf Teppich.

Die 16 Einzel-Titel des Jahres 1973 sind insofern bedeutsam, weil es heißt, dass Vilas seit 1977 bis heute den Rekord hält mit 16 Turniersiegen in einem Jahr. Daraus müssen wir schließen, dass die 16 Siege von Nastase nicht alle zählen, da die Listen der Siegesserien erst im April 1973 starten.

Und die Erwähnung der Doppel-Historie ist bedeutsam, weil Tiriac 1975 der Trainer von Guillermo Vilas wurde und so wie mit Nastase auch mit Vilas Doppel spielte - in den Jahren 1977-1979 gewannen die beiden acht Titel und standen siebenmal im Finale.

Tiriac und Vilas

(Quelle: Netflix-Doku Guillermo Vilas – Settling the Score)

Vilas trat für Tiriac bedeutsam in Erscheinung als Vilas dessen Doppel-Partner Nastase im Dezember 1974 beim Masters Cup in Melbourne in fünf Sätzen besiegte - damals wurde in Melbourne noch auf Rasen gespielt

Melbourne 1974

Melbourne 1974 B

und Vilas sagte bei der Siegerehrung: "A few months ago, a person came to me and said, >>What do you think about the grass?<< And I said, >>The grass is for cows<< Now I think some for cows and some for tennis."

Die drei Jahre davor hatte Nastase jeweils auf Hartplatz das Jahresend-Masters gewonnen (Paris, Barcelona und Boston). Im direkten Vergleich liegt Vilas mit 7:5 Matches nur knapp vor Nastase.

Nastase - Vilas

(Quelle der letzten drei Fotos: Youtube, El Gran Willy)

Ärgerlich für Vilas war, dass Nastase seine Siegesserie in 1977 beendete als Vilas aus Protest beim Stand von 1:6, 5:7 ein Match abbrach, weil Nastase mit der in 1977 eingeführten Spaghetti-Bespannung spielte, die besonders viel Topspin erzeugte und damit dem Spieler einen Materialvorteil brachte. Tiriac soll sich beim Tennis-Weltverband dafür eingesetzt haben, dass diese Art der Bespannung verboten wird.

Bei dem diplomierten Sportlehrer Tiriac ist erstaunlich, dass er 1964 für Rümänien als Eishockey-Spieler aufläuft, nebenbei neunmal rumänischer Tennismeister wird (wenn die Internetquelle glaubwürdig ist) und bereits 1966 für Rumänien Tennis-Doppel im Davis Cup spielt. Wenn Tiriac neunmal rumänischer Tennismeister war, warum hat er nie ein Einzel beim Davis Cup gespielt?
Tiriac war jedenfalls ein guter Tennisspieler, der bereits 1962 die zweite Runde der French Open erreichte (also zwei Jahre vor der Olympia-Teilnahme als Eishockey-Spieler). Bis 1978 nahm er an Einzel-Wettbewerben der Grand Slams teil und bis 1979 im Doppel (Quelle).

Nastase bestritt beim Davis Cup stets beide Einzel - von 1966 bis 1984 (laut der als glaubwürdig einzuschätzenden Quelle daviscoup.com). Das zeigt, welch herausragender Spiele Nastase war. Welchen Tennis-Spieler gibt es, der 19 Jahre lang beide Einzel für sein Land gespielt hat?

Tiriac über Nastase und Vilas:


Nach dem Master-Sieg von Vilas über Nastase im Dezember 1974 war also die Zeit reif für das Gespann Vilas-Tiriac. In der Netflix-Doku erinnert sich Vilas: "Tiriac hat oft Interesse bekundet, und da das Spiel mit ihm immer gut lief, probierten wir es aus. Im nächsten Monat gewann ich drei Turniere. Ich rief ihn an: Wie viel verlangst du als Trainer? - Er fragte: Wieso? - Weil ich an meiner Grenze bin. - Aber du hast viel gewonnen. - Ja, aber ich ... Mit dir ist es leichter."

Tiriac über Vilas:


Vilas über die Zusammenarbeit mit Tiriac:

Es folgt eine Übersetzung mit Fotos:

Tiriac & Vilas 1

Tiriac fragte mich mal: Wie ist es, den besten Trainer der Welt zu haben?

Ich antwortete: Du weißt doch schon, dass du mit einem Spieler zu tun hast, der jeden Schlag ausführen kann. Denn mit meiner Technik kann ich jeden Schlag ausführen, auf jedem Untergrund, ich kann jedem Ball aus jeder Position einen Drall verleihen, ohne zu ermüden, stundenlang.

Tiriac & Vilas 2

Als erstes testete er, wie lange ich spielen konnte, ohne müde zu werden. Nach acht Stunden hörte er auf. Ich hätte weitergemacht. Er sagte: Das reicht.

Tiriac & Vilas 3

Tiriac & Vilas 4

Tiriac & Vilas 5

Er fing an, sich um alles zu kümmern. Das Training, den Zeitplan ...
Ich dachte an nichts. Er nahm ständig Änderungen vor. Ich schrieb keine Gedichte mehr. Früher hatte ich immer Filme geguckt und Bücher gelesen, doch er nahm sie mir weg. Er stutzte mich wie einen alten Baum. Ich gehorchte ihm völlig. Und es funktionierte perfekt. Er erstellte mir einen sehr strengen Ernährungsplan. Ich träumte vom Essen, so hungrig war ich.

Tiriac & Vilas 6

Tiriac & Vilas 7

Vilas Rasur

Vilas in Jogginghose

(Quelle: Netflix-Doku Guillermo Vilas – Settling the Score)

Wie bereits erwähnt, war das Jahr 1977 ein besonderes Jahr für Vilas. Er hatte eine Gewinnserie von 53 Matches auf Sand, er holte den bis heute gültigen Rekord von 16 Titeln in einem Jahr und er war 1977 "der einzige männliche Tennisspieler, der Titel auf fünf verschiedenen Kontinenten in einem Jahr gewinnen konnte." Und es war das Jahr, in dem er aus Protest ein Endspiel gegen Nastase abbrach.

Besonders war das Jahr auch, weil er in der ersten Juni-Woche bei den French Open seinen ersten Grand Slam gewann und sich rund drei Monate später einen zweiten Titel bei den US Open erkämpfte.

Für die Vorbereitung auf die French Open suchte Vilas einen ruhigen abgeschiedenen Ort:

la Faisanderie

(Quelle: Netflix-Doku Guillermo Vilas – Settling the Score)

Eduardo Puppo reiste für seinen Film zu diesem Club und spürte die Atmosphäre:


Hier hat Vilas 1977 trainiert, la Faisanderie.
Er hat hier im Mai und Juni trainiert,
weil er einen sehr ruhigen Ort wollte,
vor allem abgeschnitten.
Also kamen sie hierher.

Vilas schlief unter den Bäumen.

Ein sehr sehr schöner Ort.

Hier kann man gut Fasane jagen.

Es ist ziemlich weit vom Zentrum,
von Paris entfernt.
Wunderschön.

Vilas gewann 6:0, 6:3, 6:0 gegen Brian Gottfried.

Vilas Rückhand

(Quelle: Netflix-Doku Guillermo Vilas – Settling the Score)


Knapp drei Monate später war er in New York.
In einem New York im Chaos.
Das Stromnetz brach zusammen und so teilweise auch die soziale Ordnung: Brandstiftungen, Plünderungen, Krawalle, zusätzlich eine furchtbare Hitzewelle, Geldprobleme und der Serienkiller Son of Sam, der kurz vor Turnierbeginn gefasst wurde.

Vilas spürte eine seltsame Atmosphäre als er ankam. Die Luft war in jeder Hinsicht schwer. Er war aber auch ein wenig erschöpft von der Siegesserie, die er in diesem Jahr hingelegt hatte.

Es folgen Erinnerungen von Vilas, Tiriac, Puppo und Live-Kommentare von englischen und spanischen Reportern:


USOpen_1977_1


USOpen_1977_2


USOpen_1977_3


USOpen_1977_4


USOpen_1977_5


USOpen_1977_6


USOpen_1977_7


USOpen_8


USOpen_9


Vilas:
Das Schwierigste am Gewinnen ist, den Gegner davon zu überzeugen, dass er verliert.


Schließlich hat Vilas einen Match-Ball.
Vilas schaut den Linienrichter fragend an
und der zeigt mit der Hand zu Seite.

USOpen_Linienrichter_1


USOpen_Linienrichter_2


Vilas hat Connors im vierten Satz 6:0 vom Platz gefegt.


USOpen Freudensprung 1


USOpen Freudensprung 2


USOpen Freudensprung 3


USOpen Freudensprung 4


USOpen Freudensprung 5


Sieg gegen Connors


Sieg gegen Connors 2


Nach dem Sieg schrieb er im Hotel auf die letzte Seite seines Tagebuches:

Tagebuch


Vilas Porträt


Am Ende des Jahres hatte Vilas soviel geleistet und gewonnen, dass er die Nummer 1 hätte werden müssen, doch das Ranking-System der ATP belohnte seine Leistung nicht. Das amerikanische Magazin World Tennis ließ sich davon aber nicht beirren und wählte Vilas für die März-Ausgabe 1978 zum Spieler des Jahres 1977:

Vilas - World Tennis


Vilas - Numero Uno

(Quelle der Foto-Serie [22 Bilder]: Netflix-Doku Guillermo Vilas – Settling the Score)


Vilas spielte auch eine wichtige Rolle in der Anfangszeit von Boris Becker.

Der 1939 in Kronstadt geborene Tiriac hatte den zwei Jahre älteren Günther Bosch als Nachbarn und arbeitete mit ihm in derselben Kugellagerfabrik am Ort. Bosch gab dem Eishockey-Spieler Trainerstunden im Tennis und fuhr mit ihm zu Turnieren in Rumänien.

Tiriac erinnert sich an den Übergang von Vilas auf den 16jährigen Becker in einem Interview des Jahres 2021:

In Deutschland kennt Sie natürlich jeder wegen Ihrer Zeit mit Boris Becker. Auch er kam ganz jung zu Ihnen. Wann haben Sie ihn das erste Mal gesehen?

Tiriac: Das kam über meinen guten Freund Günther Bosch, der wie ich in Kronstadt geboren wurde. Er war zwei Jahre älter und hat nur 100 Meter von mir entfernt gewohnt. Er war damals Nachwuchstrainer beim Deutschen Tennis Bund. Eines Tages kam er zu mir und meinte: Ion, ich habe da einen Jungen, den musst du dir unbedingt anschauen. Ich war aber nicht sonderlich begeistert. Ich hatte den Spruch meines guten Freundes Horst Dassler im Kopf: "Die Deutschen sind richtig gut, wenn sie 13, 14 oder 15 Jahre alt sind. Aber irgendwann trinken sie nicht mehr zwei Bier, sondern vier. Aus vier werden acht und dann kannst du sie eh vergessen."

Aber am Ende sind Sie doch hingegangen.

Tiriac: Ja, ich habe mir diesen Jungen dennoch angeschaut. Und ich sah einen Burschen, der nur so über den Platz gestolpert ist. Er konnte keinen Fuß vor den anderen setzen, seine Beinarbeit war so schlecht. Er hatte blutige Füße, weil er sich über den Platz geschmissen hat - weil er nicht wusste, wie er sich bewegen sollte. Aber dafür waren seine Schläge unglaublich und ich konnte in seinen Augen diesen unbändigen Willen sehen. Er hatte eine Gier, die nicht gewöhnlich war. Das hat man sofort erkannt.

Wie ging es dann weiter?

Tiriac: Ich fand Boris so interessant, dass ich ihn testen wollte. Ich wollte, dass er zu mir nach Monte Carlo kommt und einen Monat lang gegen Guillermo Vilas spielt. Jeden verdammten Tag. Vier Stunden lang. Ich arbeitete damals mit Vilas zusammen und für mich ist er der größte Spieler aller Zeiten.

Vilas?

Tiriac: Ja, Vilas ist der Größte. Und wissen Sie warum? Weil er nullkommanull Talent hatte. Was er daraus aber machte, war unfassbar. Vilas hat geschuftet wie ein Verrückter und sich jeden seiner Siege und Grand-Slam-Titel erkämpft. Ich wollte, dass Boris einen Monat lang Vilas erlebt und danach war ich mir sicher, dass er seinen Weg gehen würde. Ich bin zu seinen Eltern gegangen und habe ihnen gesagt, dass Boris morgen seinen Rucksack packen soll. Wir stellten ein Trainingsprogramm auf und machten einen Turnierplan. Boris war extrem jung damals, aber er hat zugehört und war bereit. Im Prinzip war das der Moment, als der Tennis-Superstar Boris Becker geboren wurde.

(Quelle: spox.com)

Bei Becker vollzog Tiriac vollständig den Wechsel von der Trainer- in die Manager-Rolle.

An anderer Stelle lesen wir:

Geschlagene fünf Stunden lang hat Ion Tiriac dem Treiben zugesehen, dabei natürlich keine Miene verzogen, das tat er ja nie.

Fünf Stunden, in denen Argentiniens begnadeter Tennis-Poet Guillermo Vilas einen Halbwüchsigen mit Babyspeck und roten Haaren unter der stechenden Sonne im Monte Carlo Country Club über den Platz gescheucht hatte, von rechts nach links, vor, zurück, weiter, immer weiter.

"Ich hab fast gekotzt", wird sich Boris Becker später erinnern. [...]

Als die Tortur beendet ist, geht Tiriac zu Günther Bosch. "Günther, wir müssen mit den Eltern reden. Der Junge wird mal Wimbledon gewinnen", sagt er.

(Quelle: SID bei sport1.de)

Becker hat Vilas viel zu verdanken:

Boris Becker

 

(Quelle des Fotos und des Gesprochenen: Youtube, El Gran Willy)


Was vermutlich selbst die Kenner überraschen wird, ist die Tatsache, dass der Sandplatzspezialist Vilas 1977 eine Serie von 46 Siegen in Folge auf allen Belägen erspielte – und diese Serie erspielte er in vier Monaten. Nach dem im Oktober 1977 unter Protest durch Aufgabe verlorenen Finale gegen Nastase erspielte sich Vilas umgehend eine weitere Serie von 26 Siegen - hier ein screenshot, der, wie auch der obige, auf einer Wikipedia-Seite geschossen wurde:

Alle Beläge


Bei den Damen errang Martina Navratilova 1984 auf allen Belägen mit 74 Siegen in Folge den Rekord. Im Amateurtennis „halten Bill Tilden (98 Siege in Folge zwischen 1924 und 1925) und Suzanne Lenglen (182 Siege in Folge zwischen 1921 und 1926)“ die Rekorde (Barschel 2021: 95); Wikipedia nennt 179 Siege in Folge. Und ein Artikel verweist darauf, dass Lenglen direkt vor der 179er-Serie bereits eine 108er-Serie hatte.

Vilas' Turnierreise mit seinem Vater nach Australien

Vilas hatte sich zum Jahreswechsel 1978/79 den dritten Grand Slam Titel bei den Australian Open in Melbourne erspielt:

Vilas gewinnt in Melbourne 1978-79

(Quelle dieses wie auch der noch folgenden Fotos: Netflix-Doku Guillermo Vilas – Settling the Score sowie Youtube, El Gran Willy)


Vilas freute sich sehr, dass sein Vater ihn das Jahr darauf nach Melbourne zur Verteidigung seines Titels begleitete. Vilas reiste ohne Coach und freute sich auf die Gemeinsamkeit mit seinem Vater.

Papa 1


"Mein erstes Turnier, das Masters, hatte ich ohne Coach gewonnen, nur mit Belfonte. Ich wollte sehen, ob sich die Geschichte wiederholt. Und ich lud meinen Vater ein.
>>Papa, wir reisen nach Australien, aber du musst tun, was ich sage. Du musst mir alles nachmachen. Du darfst nichts alleine machen. Wir müssen ein Team sein, auf der gleichen Wellenlänge.<<
Und das tat er."


Papa 2


Vilas steht im Finale gegen Sadri - und gewinnt zum zweiten Mal die Australian Open. Sein Vater freut sich.


Papa 3


Papa 4


Guillermo Vilas ebenso.

Vilas Sieg 1979 Australian Open

Papa Umarmung

Vilas Freude


"Ich gewann ohne einen Coach, und mein Vater sah, wie ich ein Grand-Slam-Turnier gewann. Sonst kam nie jemand, weil es sie zu nervös machte.

Mein Vater weinte, als ich den Pokal bekam. Das war einer der wenigen Momente, in denen er weinte. Er hatte schon auf seinem Platz geweint. Er war ganz weich."

Papa 6


"Wir übernachteten im Hilton. Er meinte: >>Man sollte es in 'Acatraz Hilton' umbenennen. Du führst ein schönes Leben, aber ich würde nicht mit dir tauschen. Ich möchte nie mehr dasselbe durchmachen wie die letzten zwei Wochen. Ich beneide dich nicht. Es ist toll, dass du so leidenschaftlich bist. Aber das ist es nicht wert, ständig als Sklave zu leben, nur weil du Tennis so liebst, dass du nie davon loskommst. Ich will, dass du dich glücklich fühlst. Aber ich sehe dir nie mehr zu.<<
Und dabei blieb es."

Papa 7